Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik

Countdown zur vollen digitalen Barrierefreiheit

Datum 22.06.2021

Elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe und Apps werden auf ihre Barrierefreiheit überprüft

Digitale Angebote wie Webauftritte und mobile Anwendungen der öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder sind bereits jetzt barrierefrei zu gestalten. Die Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit bezieht sich auch auf die Angebote im Intranet aller öffentlichen Stellen des Bundes sowie einiger Bundesländer.
Ab dem 23.06.2021 müssen auch die elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe der öffentlichen Stellen des Bundes und verschiedener Bundesländer barrierefrei werden. Dies schließt eine große Lücke und verbessert die digitale Barrierefreiheit der öffentlichen Stellen für Bürger*innen bei Anträgen und Verfahren und für Mitarbeiter*innen am Arbeitsplatz deutlich. Für mobile Anwendungen (Apps) beginnt ab dem 23.06.2021 das kontinuierliche Monitoring, in dem gemäß der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen die Konformität mit den Anforderungen zur Barrierefreiheit gemäß den Vorgaben dieser Richtlinie überprüft wird.

Das Monitoring wird in Deutschland durch die Überwachungsstellen der Länder und des Bundes durchgeführt. Mit dem Einsetzen des ersten Monitorings müssen zum 23.06.2021 auch Apps die zuvor nur für Webauftritte verpflichtende Erklärung zur Barrierefreiheit zur Verfügung stellen. Diese Erklärung ist regelmäßig zu aktualisieren und beinhaltet, welche Teile der App nicht barrierefrei zugänglich sind. Zusätzlich sind die Gründe dafür zu nennen, warum diese Bereiche nicht barrierefrei zugänglich sind. Die Konformität zur Barrierefreiheit ist durch kontinuierliche Tests festzustellen. Ebenfalls muss ein Verweis auf eine Durchsetzungsstelle zur digitalen Barrierefreiheit wie auch ein Feedback-Mechanismus enthalten sein.

Um Apps barrierefrei zu gestalten, empfiehlt es sich schon bei der Entwicklung von Apps von Beginn an Barrierefreiheit strukturell zu beachten. Die barrierefreie Nutzbarkeit von Apps kann am besten erreicht werden, wenn die vorhandenen Fähigkeiten von Menschen mit Beeinträchtigungen bei der Entwicklung entsprechend einfließen. Der Aufwand, eine barrierefreie App auf den Markt zu bringen ist bei einer von Beginn an barrierefrei konzipierten App wesentlich geringer als das „Umschreiben“ einer fertiggestellten „Standard“ App.

Gerade in Hinblick auf den im März 2019 verabschiedeten European Accessibility Act (EAA), der für bestimmte Produkte und Dienstleistungen auch privater Unternehmen ab 2025 in der EU Barrierefreiheit verpflichtend etabliert, ist die Entwicklung des Bewusstseins für Barrierefreiheit unumgänglich.
Die enorme Bedeutung von Barrierefreiheit als Entwicklungsvoraussetzung für mobile Anwendungen zeigt sich gerade auch in der durch den Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie.

Die „Luca app“ als eine kommerzielle mobile Anwendung zur Datenbereitstellung für die Kontaktpersonennachverfolgung und für die Risikokontaktbenachrichtigung wird eine der ersten Apps sein, die im Monitoring der Überwachungsstelle des Bundes auf Barrierefreiheit (BFIT-Bund) überprüft werden wird. Die Prüfung der Barrierefreiheit erfolgt bei dieser nicht durch eine öffentliche Stelle entwickelten App auf freiwilliger Basis und in Absprache mit den kommerziellen App-Entwicklern. Das digitale EU-Impfzertifikat mit der dazugehörigen mobilen Anwendung, die Corona-Warn- oder die eigenständige CovPass-App sind ebenfalls Apps, die barrierefrei umgesetzt sein müssen.
Denn die Digitalisierung betrifft alle Bereiche des heutigen und vor allem des zukünftigen Lebens. Daher ist sicherzustellen, dass alle Personengruppen an diesem Leben in der von ihnen gewünschten Weise teilhaben können, unabhängig von der Art ihrer Beeinträchtigung und ihrem Aufenthaltsort. In dieser Hinsicht sorgt der EAA für die Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtsvorschriften innerhalb der EU, womit das Funktionieren des Binnenmarkts für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen verbessert wird. Davon profitieren die einzelnen Menschen wie auch die Wirtschaft, die durch gemeinsame Barrierefreiheitsregeln in der EU weniger Kosten haben und deren Marktchancen für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen sich erhöhen wird.

Menschen mit verschiedenartigen Fähigkeiten (Menschen mit Beeinträchtigungen) wie auch ältere Personen werden die barrierefreien Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt zu wettbewerbsfähigeren Preisen nutzen können. Sie werden mit weniger Barrieren beim Zugang zu Verkehr, Bildung und dem offenen Arbeitsmarkt konfrontiert sein und es werden mehr Arbeitsplätze entstehen, die Fachwissen zur Barrierefreiheit voraussetzen.
Barrierefrei ist einfach einfacher und eine Chance für alle.